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25.05.2014 / Warum brauchen wir „Eliten“?

Veröffentlicht am 25.05.2014

Warum sammeln wir Menschen uns, abgesehen von unseren Familien und Clans – die eine natürliche Zusammengehörigkeit darstellen, auch in Berufsgemeinschaften, Clubs, Vereine, ja, letztendlich in „Parteien“ und anderen „exklusiven“ Organisationsformen, die uns von den „Andersartigen“ (auch wenn der Unterschied auch nur so gering und oberflächlich ist) klar unterscheiden, trennen, „sichern“ und meist „abheben“ sollen?  Warum bilden sich fast über Nacht überall die unterschiedlichsten „Interessenvertretungen“? Warum glauben wir Menschen, dass das, was wir persönlich wollen, „anders“ und vor allem „wichtiger und richtiger“ ist als das, was ein anderer Mensch sich wünscht und für wichtig erachtet, wenn dieses nicht gerade mit „unserem“ übereinstimmt? Haben wir Menschen nicht alle dasselbe Interesse in Frieden und Wohl miteinander und mit unserer Umwelt zu leben? Und wenn nicht, wie ist es dazu gekommen, dass es so geworden ist?

Warum kapseln wir Menschen unser „spezielles“ Wissen ab, statt es frei unter uns zu verteilen, allen zur Verfügung zu stellen und bewusst mit dem Wissen anderen „Spezialisten“ zu kombinieren und das gemeinsame Wissen auch gemeinsam weiter zu entwickeln? Warum empfinden wir es als „sicherer“ das, was wir als „unser Wissen“ betrachten,  „geheim“ zu halten und zu unserem „Alleinstellungsmerkmal“ zu machen? Warum bestehen wir darauf es durch Patente, Lizenzen und Monopol-Strukturen an uns selbst, oder an einer Minderheit zu der wir selbst angehören, so zu binden, dass es ein anderer Mensch nur dann etwas davon haben kann, wenn er uns dafür persönliche Anerkennung und uns vor allem einen bestimmten materiellen „Preis“ zahlt?

Das betrifft leider nicht nur unser technologisches Wissen. Viel mehr betrifft das unser soziales Verhalten. Ich beobachte, dass gerade Menschen die, im Namen einer als dringend und notwendig empfundenen Wende des sozialen Lebens, Wirtschafts- und letztendlich Lebensalternativen entwickeln, diese jedoch sehr schnell auch in einer selbst definierten festen Struktur pressen und daran festmachen wollen. Auch zu beobachten ist es, dass in der selbst angestrebten Struktur, deren „Gründer“ und „Initiatoren“ stets eine sehr wichtige und vor allem richtunggebende Rolle inne haben und vor allem behalten wollen. Kooperationen zwischen „Bewegungen für ein neues soziales Leben“ scheinen, wenn überhaupt, meist nur unter der jeweilig eigenen „Standarte“ möglich zu sein, quasi als „Allianzen auf Zeit“, die nach dem „Sieg“ sich unbedingt auflösen müssen. Dabei stehen an der Basis aller diesen Bewegungen oft prinzipiell sehr ähnliche Ideen und Ansätze. Die feinen, jedoch sehr wichtigen Unterschiede werden nicht freiwillig mit einander zu einem umfassenderen und neuen Ganzen  kombiniert, sondern stets peinlich aufbewahrt und „vor fremder Infiltrierung“ verteidigt. Fast unvermeidlich entsteht währenddessen auch der Eindruck, dass eine „Bewegung“ hauptsächlich aus einer „Standartenführer“-Elite, die stets die Richtung bestimmt, und ansonsten nur aus unmündigen „Anhänger“ besteht, die offensichtlich keinen Mut zu anderen Ansichten haben, oder es nicht für wichtig erachten andere Ansichten zu äußern, falls diese irgendwie doch existieren.

Die Angst, dass die „Anderen“ eigentlich was „anderes“ wollen,  marschiert stets in solchen Allianzen mit und führt dazu, dass bei den kleinsten Differenzen nicht der konstruktive Dialog mit, sondern die Trennung von  den „Abweichlern“ gewählt wird. In solchen Fällen ist die Aussage sehr oft sinngemäß so: „Das was ihr spielen wollt ist nicht unser Spiel. Wir wollen das-und-das Spiel spielen und wenn ihr was anderes spielen wollt, dann sucht euch Leute die eures Spiel spielen wollen“. Und dabei das „ihr werdet schon sehen wer am Ende „Recht“ hat“, auch wenn nicht offen ausgesprochen, klingt stets im Hintergrund mit.

Dass all diese „Spiele“ nur Teile eines ganz großen Spiel sind, an das alle Menschen und sämtliche Lebewesen teilnehmen, wird dabei entweder nicht bewusst wahrgenommen, oder, in manchen Fällen, sogar bewusst als Kampffeld angesehen, auf dem die, die den „wahren Weg“ (meinen zu) kennen, nur dann „gewinnen“ und die „Menschheit retten“ können, wenn sie die Andersdenkenden für diese „Wahrheit“ entweder gewinnen, sie zu dieser „Wahrheit“ konvertieren oder, in letzter Instanz, sogar ausrotten. Zu oft wird eine „Gemeinschaft“ nur daraus gebildet, dass Menschen eine einzige  Ansicht teilen und zu oft wird dabei vergessen, dass zu der großen Gemeinschaft der Menschen auch eine Vielfalt der Ansichten  dazu gehört. Es wird auch nicht wahrgenommen, oder sogar gewollt vom Sichtfeld ausgeblendet, dass es, langfristig gesehen, gar keine einzelne „Gewinner“ geben kann, sondern das Spiel um das Leben allen  gespielt wird und deswegen nur von allen gemeinsam  gespielt und gewonnen werden kann.

Woher kommt dann das Bedürfnis der Menschen einer „Elite“ anzugehören? Mit anderen Worten einer kleinen Gruppe anzugehören, die jedoch das „Sagen“ hat, einer Gruppe von „Auserwählten“, die somit sich auch anmaßen darf, für die Menschen zu entscheiden, die, weil sie anders denken, zu dieser Gruppe nicht gehören dürfen? Diese Frage zieht nach sich viele andere Fragen, die in unserer heutigen, augenscheinlich aufgeklärten Gesellschaft, immer noch keine Antwort bekommen haben: Woher kommt eigentlich das Recht sich für etwas „besseres“ zu halten? Worin begründet sich die „Selbstermächtigung“ zur „Herrschaft“ über andere Wesen? Woher kommt das „Recht“ andere Wesen zu „besitzen“?  Woher kommt das „Recht“ auf übermäßiges materielles „Reichtum“, das zur Macht verhelft und sogar „berechtigt“? Warum folgen Menschen anderen Menschen, wenn sich diese selbst, sich auf solche „Rechte“ berufend, als „Bestimmer“ für andere ernennen?

Eine erschütternde Antwort zur Selbsternennung gibt uns ein Blinder unter Blinden, der die Macht seiner Waffe dazu nutzt, um sich selbst dreist zum „König“ aufzurufen und in der Hölle einer tragischen Pandemie eine „Monarchie“ zu etablieren (José Saramago - „Die Stadt der Blinden“). Im Buch ist dieser Wahnsinn nach relativ kurzer Zeit blutig beendet. Jedoch, was vor allem erschütternd wirkt ist, dass es überhaupt ein Mensch an so was denken und sich dafür berechtigt fühlen kann. Noch erschütternder ist allerdings, dass es in unserer Zeit in der Tat sofort andere Menschen sich finden können, die ein solches lebensfeindliches Vorhaben unterstützen …

Letztendlich bleibt nach meinem Gefühl nur eine Frage, die vor allen anderen eine Antwort bedarf – diese Frage hat allerdings viele Facetten: Warum haben wir Menschen so viel Angst uns gegenseitig als gleichwertig anzusehen und anzuerkennen und miteinander selbstbestimmt UND gemeinsam  zu leben ?