Monat: Juli 2013

21.07.2013 / Das Sonnenbrille-Kopfhörer-Syndrom …

Die Welt ist ein unwahrscheinlich schönes Bilderkarussell – vor allem dort, wo der Mensch seinen Einfluss begrenzt hat und die Natur freien Lauf in ihrer Entwicklung beibehält. Prächtige Farben in allen Schattierungen erfreuen unsere Augen und das desto mehr, wenn die Sonne scheint. Das grüne Glitzern der Chlorophyll in den Pflanzenblätter, wenn sie von Sonnenstrahlen berührt und vom Licht durchdrungen werden, ist ein unvergleichlich schönes Spektakel der Natur, das durch keine künstliche Beleuchtung erreicht werden kann. Und dann das Schimmern der Libellenflügeln über die Spiegelung im Wasser des Baches, die Farbentänze der Schmetterlinge auf der Blumenwiese, das Dunkelgrün des Nadelwaldes, oder das Weiß des Schnees und der Gletscher unter dem blauen Himmel , um nur sehr wenige, fast allen Menschen bekannten und prägenden Symbolbilder der Natur zu erwähnen.

Auch sonst ist all das, was uns umgibt, eine einzigartige Chance die Sinnen mit unterschiedlichsten Reizzusammenstellungen zu verwöhnen – eine unwiederholbare Chance zur unmittelbaren Sinnes-Wahrnehmung. So sind nicht nur unsere Augen von der Lichtgestaltung geschmeichelt, sondern auch unsere Ohren von den Geräuschen des Lebens durchdrungen – vom Leben das überall kriecht, streift, fliegt, summt und singt, pfeift und keucht was das Zeugt hält. Das Leben ist überall und wir Menschen sind integraler Anteil darin.

So gehe ich auf die Straße und durch den Wald und beobachte, dass sehr viele Menschen anscheinend das alles Schöne, was uns tagtäglich geschenkt wird, weder sehen, noch hören möchten. Sie ziehen es vor in wunderbaren sonnigen Tagen das Licht durch Sonnenbrillen zu filtern und zu verdunkeln und die Geräusche des Lebens durch das Tragen von Kopfhörern komplett auszublenden.

Ich frage mich warum das so ist? Warum versperren sich viele von uns von dem was um uns herum passiert? Warum wollen wir, außer unserer imaginären „heile Welt“, nichts mehr sehen und hören? So kommt es  mir vor, dass wir versuchen uns von der Welt „da draußen“ mit Sonnenbrillen und Kopfhörern abzuschotten.

Warum machen wir das? Wer und was hat uns gelehrt, dass es für uns gut wäre, wenn wir unsere Augen dem Sonnenlicht entziehen? Wer und was hat ein Interesse daran, dass wir Menschen, statt dem Herz des Lebens – der Natur – zu zuhören, uns besser mit immer wieder dieselben Tönen dröhnen sollen? Und das manchmal so laut, dass es sogar den Menschen in unserer unmittelbaren Nähe die Ohren weh tun. Warum tun wir unseren Ohren das an?

Aus meiner eigenen Erfahrung weiße ich, dass das, was ich nicht trainiere, was ich nicht in der ganzen gebotenen Vielfalt verwende, eher früher als später verkümmert. Sei es meine Muskulatur, mein Verstand, oder meine Augen und Ohren … Die alten Chinesen rieten in die Abendsonne zu blinzeln – so, sagten sie, bleiben die Augen jung bis im hohen Alter. Aktuell es ist auch schulmedizinisch bestätigt, dass der Sehsinn, um gesund zu bleiben, einen dynamischen Wechsel von Hell- und Dunkelphasen benötigt, wie ihn die Natur mit vielfältigen Licht- und Schatten bietet (Naturarzt, 6/2013) – mit anderen Worten, dass je mehr Farben- und Schattenwechsel unser Auge empfängt, desto mehr trainieren wir unsere Augen und sorgen dafür, dass sie fit bleiben.

Eine Sonnenbrille dagegen dämpft bekanntlich das Wechselspiel des natürlichen Lichts so sehr, dass beim ständigen Tragen die Zäpfchen des Auges ihr Training einfach verlieren und verkümmern können – das Effekt ist mit dem Starren auf dem Computerbildschirm vergleichbar. Warum dann Sonnenbrille? Geht es uns hier vielleicht nur um „cool“ aussehen? Um das entsprechen eines willkürlich gesetzten Mode-Maßstabes? Oder hat vielleicht sogar jemand ein Interesse daran, dass unsere Augen schlechter werden? Wer soll das sein? Wer hat einen Vorteil davon?

Musik laut hören ist fürs Tanzen ganz gut und es macht Spaß im Gewirr einer Feier mit lauter Musik sich mal zu entspannen. Aber das stete laute Hören von Musik mit den Kopfhörern kann auf Zeit zu einer gravierenden Verschlechterung der Hörorgane führen, das unumkehrbar ist. Dabei ist die Hör-Wahrnehmung, neben dem Sehen, die wichtigste Informationsquelle über unsere Umwelt – wir basteln unser Weltbild zum größten Teil aus Bilder die wir „sehen und hören“, denn auch das was wir hören wird in unserem Gehirn zu einem Bild zusammengefügt, ein Bild aus Erinnerungen die mit dem jeweiligen Gehörtem zusammen gespeichert wurde. So ist auch zu erklären, warum wir lieber mit Kopfhörern auf den Ohren laufen, statt das wahrzunehmen, was „da draußen“ passiert – wir „sehen“ und „leben“ dadurch innerlich in einer Welt die aus Bilder zusammengesetzt wurde, die wir mit den jeweilig gehörten assoziieren.

Nun, diese Welt ist jedoch imaginär – eine Phantasiewelt in der die meisten dafür verwendeten Bilder nicht aus unsere unmittelbare Erfahrung stammen, sondern uns durch das Fernsehen und im Internet erreicht haben. Kann es sein, dass die Welt „da draußen“, die meist anders und weit entfernt von unserer imaginären Welt ist, uns so unangenehm geworden ist, dass wir ihr einfach nur entfliehen wollen? Dass wir deswegen uns von dem was wir tatsächlich erleben und selbst gestallten mit Sonnenbrillen und Kopfhörern versperren und es nicht mehr wahr haben wollen?

Wer, frage ich mich, hat ein Interesse daran, dass wir in Phantasiewelten entfliehen, statt das, was wir tatsächlich leben, bewusst wahrzunehmen, uns Fragen zu stellen und uns womöglich zu entscheiden das, was uns nicht genehm ist, zu verändern ?

07.07.2013 / Wie ein Wasserstrudel in einem Fluss …

In seinen Gedanken über das, was Ist, wählt David Bohm für das Dasein von allgemein als vermeintlich „selbständige“ Entitäten wahrgenommenen Energiefelder (Dinge und Lebewesen, ob sich bewusst oder unbewusst), das Bild eines Wasserstrudels in einem Fluss.

Der Wasserstrudel erscheint dem Beobachter wie eine vermeintlich „getrennte“ Struktur zu sein, die eine „eigene“ Bewegung nach einer „eigenen“ Ordnung ausführt und somit ein in dem Fluss „eigenes“ Dasein führt.

Jedoch, zwischen dem Wasserstrudel und dem Fluss gibt es keine erkennbare Trennung: der Wasserstrudel entsteht aus dem Wasser des Flusses, besteht nur aus dem Wasser des Flusses und löst sich letztendlich wieder ins Wasser des Flusses auf.

Dabei formiert sich der Wasserstrudel nicht aus „eigener Entscheidung“, sondern wird von den Umständen in dem jeweiligen Fluss-Kontext hervorgebracht: solange diese Umstände bestehen, solange existiert auch der Wasserstrudel. Verändert sich der Kontext, dann verändert sich auch der Wasserstrudel bis zu seiner vollständigen Auflösung.

Bemerkenswert an diesem Bild ist, dass der Wasserstrudel keinen Einfluss auf dem Kontext seiner Entstehung hat: er kann nicht alleine bestimmen ob, wann, wie und wie lange er existiert – die Ordnungsebene des Kontextes ist ein Rang höher als die seiner eigenen Existenz – das einzige was dem Wasserstrudel bleibt ist sich dem Fluss in Demut und Vertrauen hinzugeben … Nach seiner Auflösung bleiben im Fluss keine Spuren, die an das spezielle Dasein des vergangenen Wasserstrudels wahrnehmbar erinnern würden – doch, er hat während seiner Lebensspanne das Dasein des Flusses, aus dem er entstand, beeinflusst und dem Weiterfließen allen Wassers mit seinem Wirken maßgeblich geholfen.

David Joseph Bohm (1917-1992) war ein US-amerikanischer Quantenphysiker und Philosoph. Bohm hat eine Reihe signifikanter Beiträge zur Physik geliefert, insbesondere im Bereich der Vielteilchentheorie und der Grundlagen der Quantenmechanik. (Quelle: Wikipedia).

Eines der meist bekannten Bücher David Bohms ist „Der Dialog: Das offene Gespräch am Ende der Diskussionen“ (Klett-Cotta, Deutsch, ISBN-10: 3608945539, ISBN-13: 978-3608945539).

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