Menschen streben unbewusst nach „Sicherheit“. Das hat, in meinem Empfinden, ihre Ursache in der Angst den äußeren Umständen und (wie sich in den letzten 5000 Jahren deutlich gezeigt hat) den anderen Menschen ausgeliefert zu sein. Ausgeliefert im Sinne einer „selbstverständlichen“ Unterdrückung und Ausbeutung der Schwächeren durch die Stärkeren, der „Verlierern“ durch die „Gewinner“.
Dieses Streben nach „Sicherheit“ wird vor allem auch von der panischen Furcht entfacht, in Zeiten der Not von den anderen Menschen im Stich und von der Gesellschaft „links liegen“ gelassen zu werden. Von einer Gesellschaft, in der das Lebewesen Mensch, die umgebende Natur und sogar das Leben selbst nur als „frei zur Verfügung stehenden Ressourcen“ angesehen werden.
Nun, die „Gesellschaft“, mit all ihren Regeln und Dogmen, wurde von Menschen erschaffen und besteht letztendlich nur aus Menschen – aus Menschen, die sich vor sich selbst fürchten – Menschen so wie ich es auch bin. Wir, die Menschen, haben uns Regel für die Funktionsweise unseres Tauschmittlers Geld erstellt und wir alle befolgen sie. Die Regel des Geldsystems unterstützen nur das, was wir die ganze Zeit unbewusst anstreben: das einzelne Individuum in einen Zustand der „Sicherheit“ zu bringen; in einem Zustand in dem das Individuum „unabhängig“ von den anderen, ihm umgebenden Individuen ist und in dem das Individuum „Macht“ zur Selbstbestimmung (wieder) erlangt.
Es gibt Konzepte für die „Verbesserung“ des Geldsystems, die das Streben nach Reichtum im Sinne vom Horten des Tauschmittlers Geld unterbinden und dafür sorgen sollen, dass das Geld stets in ausreichender Menge der Gesellschaft zur Verfügung steht. Das „verbesserte“ Geldsystem soll „alternativ“ und „regional“ eingesetzt werden und dadurch den (lokalen) Konsum anregen und die Ankurbelung der (unmittelbar regionalen) Wirtschaft erreichen. Ein gewünschter Hauptnebeneffekt ist unter anderen, dass eine Region, in der ein alternatives Geldsystem eingeführt ist, „autonomer“ wird, so sich als „unabhängiger“ von dem Rest der Welt betrachten kann und so unempfindlicher gegenüber Wirtschaftskrisen wird – so die Theorie. Und was ist mit den Nebeneffekten?
Mit anderen Worten, wir spüren das Symptom – wir haben Angst, dass „andere“ uns „das Böse“ wollen – und errichten zur Vermeidung einen hohen Zaun um „unseren“ Hof herum. Dabei vergessen wir, dass unser Hof sich auf einem winzigen, begrenzten Planeten befindet und dass, in diesem Zusammenhang, das „Unabhängig-sein“ nur eine, für alle Lebewesen auf diesem Planeten, sehr gefährliche Illusion darstellt.
Die Ursache dafür, warum die Menschen mit allen Mitteln nach „Unabhängigkeit“ streben, lassen wir dabei, finde ich, vollständig außer Acht. Die Ursache für das Streben nach „Sicherheit“ ist, nach meiner persönlichen Ansicht, dass wir Menschen, uns einfach gegenseitig nicht Vertrauen und, dass wir Menschen, uns nicht gemeinsam als eine Einheit sehen, wie eine Menschheit auf einem winzigen Planeten in einem unendlichen Universum. Stattdessen betrachten wir uns, als ob wir nur vereinzelte Individuen sein würden, die sich gegeneinander und gegen die Natur in einem unaufhörlichen Kampf ums Überleben befinden müssen.
Nach meinem Empfinden wäre es sinnvoll, wenn wir alle uns darauf besinnen würden, dass wir nur alle gemeinsam ein schönes und sicheres Leben genießen können und, dass das nur dann möglich sein wird, wenn wir Menschen anfangen uns wieder gegenseitig zu vertrauen.
Statt dessen beobachte ich, dass wir – unbewusst, wie ich es empfinde – sogar im „guten Streben nach einem Wandel unserer Gesellschaft“, noch mehr Trennung zwischen uns errichten wollen: Dörfer, Regionen, Staaten, sogar Kontinente sollen, „autonom“ und „unabhängig“ werden oder bleiben, sich abschotten und absichern, um so dem „Untergang“, der „natürlich“ nur von den „anderen“ provoziert wird, sich entziehen zu können.
Nicht mal unser winziger Planet ist „unabhängig“ und „autonom“ in unserem Sonnensystem, im Universum – und der ist so viel größer als wir, einzelne Individuen, und als wir, die Menschheit.
John Donne schrieb vor fast vier hundert Jahren: „Niemand ist eine Insel“ – Ich erlaube mir hier diese Aussage zu ergänzen: Auch wenn jeder von uns sprichwörtlich eine Insel wäre, dann würden wir uns trotzdem alle gemeinsam im Meer des Lebens befinden und durch dessen Wellen unzertrennlich verbunden sein …